Absurdes Glueck - Bittersuesse Geschichten by Slupetzky Stefan

Absurdes Glueck - Bittersuesse Geschichten by Slupetzky Stefan

Autor:Slupetzky, Stefan [Slupetzky, Stefan]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Picus Verlag
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


[65]Pompes Funèbres

Laszlo liebt seine Leichen. »Ist es gut? Ist es gut so, mein Schätzchen?«, fragt er immerzu, wenn er sie wäscht. Und sanft wandert sein schimmerndes Seidentuch über die weißen Leiber und benetzt sie mit Rosenwasser.

Eine Pracht ist sein stiller Laden, ein Juwel aus schwarzem Samt und Goldrosetten, durchflutet von den süßen Düften des Balsams. Und in der Mitte, rund und glänzend, huscht Laszlo selbst umher, der Herr der Hüllen, der Meister des Fleisches. Ab und zu tritt Laszlo hinaus auf die Straße und sendet die Blicke ergriffen nach oben, wo über der Pforte gewichtige Lettern die stolze Berufung verkünden: »Laszlo Fekete – Pompes Funèbres«.

Laszlo hat keine Freunde mehr. Nicht, weil sie ihre hässlichen Späße mit ihm getrieben, ihn verhöhnt haben und ausgelacht. Jede noch so böse Kränkung hätte Laszlo wacker ertragen. Aber die ehrlosen Gesellen haben Schlimmeres getan, haben Verbrechen verübt, die keine Duldung dulden. Seine Kundschaft haben [66]sie beleidigt, und sie haben die Würde der Toten mit Füßen getreten.

Nebelhaft zieht die Vergangenheit an Laszlo Feketes innerem Auge vorbei, die Zeiten im Schlachthaus, der klebrige Schweiß und das dampfende Blut der zuckenden Kälber, und er hört von ferne das Brüllen der Metzger, das Quieken der Schweine, das Ächzen der schweren, triefenden Haken, den schrillen Gesang der eisernen Ketten.

Mit flinken Fingern hat Laszlo damals das Messer geführt, dass sprudelnd der rote Saft in die Wannen brauste, vierhundert Kehlen hat Laszlo am Tage durchtrennt, bis endlich, nach achteinhalb Jahren, Marie erschien. Die gute, die alte, die reiche Marie. In der Vorstadt ist es gewesen, da saßen die Fleischer bei Wurst und Wein, der feiste Meier, der den Stieren die Hoden abschnitt, und der schmächtige Eckel, der ihnen die Kutteln entfernte. Und am Nebentisch Marie, faltig und grau, mit ihrem Pudel.

»Komm nur, Hunderl«, hat Laszlo gegurrt und zärtlich das Tierchen mit Schinken gefüttert.

»Ein Gulasch fürs Gulasch!«, hat Meier gegrölt. »Und ein Grießkoch fürs Frauerl!«

Und während sich Meier brüllend auf die fetten Schenkel geschlagen und Eckel vor Lachen einen halben Liter Riesling in seinen speckigen Hosen [67]verloren hat, da hat Marie dem Laszlo ein kleines, zahnloses Lächeln geschenkt.

Die gute Marie. Die reiche, sparsame Marie. Ein halbes Leben lang hat sie fünf dicke Sparbücher redlich verwahrt, das Erbe ihrer fünf verblichenen Männer. Dem Tierheim wollte sie alles vermachen, oder doch noch dem Einen, dem Sechsten, dem Richtigen?

Marie ist viel zu früh gestorben, aber in ihren brechenden Äuglein hat das Liebesglück geleuchtet.

Zwei Tage nach der Hochzeit hat Maria Fekete das Zeitliche gesegnet. Von Wasti, dem Pudel, wurde sie vor den Omnibus gezerrt, so rasch, dass Laszlo, der frisch gebackene Gatte, sie nicht mehr zu halten vermochte. Auch Wasti war auf der Stelle tot, er hat Laszlos drohendes »Böses Hunderl!« nicht mehr gehört.

Das Begräbnis ist schlicht gewesen, aber würdevoll. Unter den ergreifenden Klängen einer Hammondorgel hat Laszlo der lieben Marie manch salziges Tränchen nachgeschickt.

Und nachher, beim Leichenschmaus, hat der gebrochene Witwer verkündet, er werde sein sinnlos gewordenes Leben fortan der Pflege der seligen Toten widmen. Einen Tempel wolle er errichten, einen Hort des Friedens, ein eigenes kleines Bestattungsinstitut.



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